LaGa Bad Iburg: Der neue Zauber

Ein Besuch in der aktuellen Landesgartenschau Niedersachsen

Ein Blumenmeer aus Tulpen aller Farbrichtungen liegt vor dem Betrachter beim Blick auf den Charlottenseepark mit Schloss dahinter.

Region. In der vorletzten Bewerbungsrunde zur Ausrichtung einer Landesgartenschau (LaGa) in Niedersachsen haben sie Bad Gandersheim den Rang abgelaufen und den Zuschlag für die Ausrichtung in diesem Jahr erhalten: Mitte April hat die LaGa in Bad Iburg ihre Tore eröffnet – nur drei Jahre nach dem Zuschlag. Dass der Kurort am Südrand des Teutoburger Waldes in dieser kurzen Zeit eine LaGa auf die Beine stellen konnte, lag an bereits vorab gelaufenen Arbeiten, die Bad Iburg einen gewissen Vorsprung verschafften.

Das nun begeh- und bestaunbare Ergebnis kann sich mehr als sehen lassen, wovon sich das Gandersheimer Kreisblatt durch einen eigenen Besuch auf dem Gelände und der in der LaGa-Stadt 2018 ein Bild machte. Dies an einem Sonnabend, der von gutem Wetter gesegnet war. Trotz eines dadurch sichtbar guten Besuches gab es aber nirgendwo den Eindruck eines Gedränges – auch nicht in den Gastronomiebereichen, von denen drei durch einen Caterer auf dem Gelände vorgehalten werden. Das größte Zelt bietet innen und außen immerhin Platz für rund 560 Menschen.

Die Anreise erfolgte schon am Vorabend. Für Wohnmobilisten bietet Bad Iburg einen an neue Stelle, unterhalb des Schlosses, verlegten Stellplatz. Günstig nah zum Eingang (zirka 400 Meter), aber leider auch direkt neben einer durch den Ort führenden Bundesstraße, auf der auch nachts erheblicher Verkehrsfluss zu verzeichnen war. Ver- und Entsorgungseinrichtungen gab es (noch) nicht.

Der Freitagabend galt einer kurzen Stadterkundung. Mit der überraschenden Feststellung, dass es auch in der dritten Woche des LaGa an einem Freitagabend in Bad Iburg nicht ganz leicht war, ein Lokal zum Essen zu finden. Eine ganze Reihe Lokalitäten hatte geschlossen. Die Suche führte aber nach einer halben Stunde zu einem erfreulichen Fund.

Der eigentliche Stadtkern Bad Iburgs ist vergleichsweise klein und schmiegt sich mit seinem ältesten Teil an den Schlossberg. In Teilen ist der Kern aber offenbar vergleichsweise jung. Und auch die strukturellen Probleme, wie sie Bad Gandersheim ebenfalls hat, waren mit einigen Geschäftsleerständen nicht zu übersehen, wenngleich sich die LaGa-Stadt bemüht hat, diese mindestens zu kaschieren. Insgesamt macht Bad Iburg aber einen freundlichen, aufgeräumten Eindruck und ist tagsüber sicher um einiges lebendiger als nach 20 Uhr an einem Freitagabend.

Die Öffnung des LaGa-Geländes erfolgt täglich erst ab 10 Uhr. So bleibt morgens genug Zeit. Der Haupteingang liegt zentral zwischen dem im Westen gelegenen Ausstellungsteil „Waldkurpark“ und dem Charlottenseepark auf der anderen Seite. Ein dritter Bereich ist die ebenfalls getrennt liegende Tegelwiese, die aber nicht eingezäunt ist und so auch eintrittsfrei besucht werden kann.

Wer vom Haupteingang ins Gelände startet, wird neben den Kassen von einigen Verkaufszelten mit Gartendekorationen empfangen, bevor sich dann der Blick auf den östlichsten See des Waldkurparks öffnet. Mit einer großen Holzterrasse ist hier das umgesetzt, was man sich für Bad Gandersheim auch an den Osterbergseen gut vorstellen kann: Zugang direkt ans Wasser und Platz zum Rasten und Verweilen.

Das setzt sich auf dem Weg rund um die Seen in vielfältiger Weise fort. Neben bunten, manchmal ausgefallenen Bänken und anderen Liege-Sitzmöbeln mischen sich Natürliche- und Blumenlandschaften. Ein Kunstprojekt in den Bäumen will den Blick vom Boden nach oben lenken und damit mehr Achtsamkeit für Anblicke, Laute und Gerüche der Waldlandschaft wecken.

Immer wieder finden sich Anlaufpunkte im Waldkurpark, der etwa eine Größe hat, als hätte man den kleinen Osterberg direkt mit ins geplante Gandersheimer Ausstellungsgelände einbezogen. Irgendwo dröhnt eine Motorsäge. Aber hier sind nicht Waldarbeiter am Werk, sondern Künstler, die an einer der Stationen einen noch im Boden verwurzelten Stamm in eine Holzskulptur verwandeln.

An anderer Stelle schießen plötzlich Pilze aus dem Boden: Kleine, aus rohen Holzplatten gebaute Häuschen, die ein Dorf im Wald bilden und zum Reinschauen einladen. Futuristisch wirkt eine riesige Holzskulptur, die wie drei Bienenwaben aussieht und vor allem Kinder zum Klettern animiert. Immer wieder eingestreut Kunstprojekte mit Bezug zur Natur und Wald.

In kleinen Lichtungen stehen Liegebänke und laden große Liegekissen zum Verweilen und einfach den Wald genießen ein. Ein paar Meter weiter wirkt dann eine voll dekorierte Weihnachtstanne inmitten des grünen Laubwaldes so seltsam fremd, dass die einen verzückt, die anderen irritiert sind. Wahrscheinlich liegt darin gerade die Absicht.

Den Höhepunkt des Waldkurparks kann der Besucher direkt nach Betreten des Geländes ansteuern oder sich für später aufheben: den Baumwifelpfad. 600-Meter-Weg durch die Waldwipfel in 20- bis 30-Metern-Höhe über dem Boden. Barrierefrei erreichbar durch den Aufzug im großen Aussichtsturm nahe dem kleinen Schlösschen, der sogar mit seiner Aussichtsplattform noch einmal drei Stockwerke höher als der Baumwipfelpfad einen fantastischen Überblick über das LaGa-Gelände, weite Teile der Stadt und bis zum nahen Teutoburger Wald erlaubt Hier oben kann es zeitweise auch mal voller werden.

Im Wald gibt es noch vieles mehr zu entdecken. Ob das Klavier, an das sich Dilettanten wie Könner setzen und Töne ins Grün hinausklimpern, die blauen Schafe, die aus Bad Lippspringe nun nach Bad Iburg weitergewandert sind und an zwei Stellen auftauchen, die Skulptur „Vom Baum zum Buch“ und anderes mehr. Zum Waldkurpark gehören auch ein Barfußpfad – allerdings ein solcher, der normale Wege nutzt und an bestimmten Stellen besondere Akzente bietet – sowie ein Kneipptretbecken.

Zurück aus dem Wald, für den man gut einen Vormittag aufwenden kann, lockt entweder das zentrale Gastronomiezelt nahe des Haupteingangs oder es geht weiter zu den Blumenschauen. Wer erstmal Pause macht, wird in den von einem Groß-Caterer betriebenen Gastrozelten bei einer zwar nicht üppigen, aber ausreichenden Auswahl an Speisen und Getränken­ an der Theke in der Regel schnell bedient. Die Preise sind zwar etwas höher als vielleicht in der lokalen Gastronomie, aber noch im Rahmen des Normalen für eine solche Veranstaltung.

Nach so viel Wald bilden die gestalteten Gärten dann durchaus ein Kontrastprogramm. Sie, die Hallenschauen und andere Exponate gehören zum festen Programm einer Landesgartenschau. Hier zeigen Landschaftsgärtner, Steinmetzger – vor allem bei der Grabgestaltung – und andere Beteiligte, wie Gärten heute vielfältig gestaltet werden können. Anhand von Mottos und unter Einsatz verschiedenster Materialien. Eine bunte und reichhaltige Ideenlandschaft für alle, die Anregungen für den eigenen Garten suchen. Auch der obligatorische Pool in einem der Mustergärten fehlt nicht, und wer wollte, dürfte – auf eigene Gefahr – sogar baden gehen. Angenehm warm war das Wasser schon.

Lokale Einbindung fand sich in diesem Themenbereich unter anderem durch das Iburger Gymnasium, das einen Schulgarten gestaltet hatte, in dem auch Bienenhaltung Thema war. Wer mochte, konnte auch die Hühner füttern...

Der in Form eines modernen Kurparks gestaltete Teil des Waldparks war eher klein. Die Fläche ist im Bild auf der nächsten Seite unten aus der Vogelperspektive zu sehen. Klare Strukturen, gut (von Robotern) gemähte Rasenflächen, die nicht nur zum Anschauen, sondern Benutzen einladen. Durch herumliegende Sitzgelegenheiten oder konkrete Veranstaltungsangebote, wie am Besuchstag mit Tai Chi. Generell gibt es im ganzen Gelände auffällig wenig Verbote.Und wo man sie findet, machen sie in der Regel auch klaren Sinn.

Das Ausstellungsgelände in Bad Iburg ist durch eine Straße und einen großen Kreisel zertrennt. Über diese Trennung führt aber eine Brücke in den zweiten Abschnitt, den Charlottenseepark, so dass kein Auslass und neuer Einlass nötig ist.

Hinter der Brücke lädt eine Plattform am Abhang über dem See zum Rundblick ein: Blühende Tulpenfelder werden bewundert, so weit das Auge reicht. Die Besucher können zwischen ihnen herumwandern, Fotos aus aller Nähe machen, sich niederlassen. Eine Oase der Erbauung.

Rund um den kleinen Charlottensee, der etwa dreimal so groß sein mag wie der Kurhausteich in Bad Gandersheim, führt ein Weg. Im südlichen, engeren Teil ist er als Pier über das Wasser gelegt worden und führt zum sogenannten Innogy Beach, der (nach einem großen Sponsor der LaGa benannte) Sandstrand dient dem „Chillen“, wobei die direkt anliegende Gastronomie für die gewünschten Getränke sorgen kann. Baden ist im See aber eher nicht beabsichtigt.

Der nördlichere, breitere Bereich am Seeufer dient vornehmlich Freizeit und Erholung. Rasenflächen laden zum Verweilen ein, hier und dort gibt es besondere Sitzmöglichkeiten und Treffpunkte. Der Bereich hat gärtnerisch aber auch ein Motto: Es geht um Pfarrer Kneipp. So finden sich zum Beispiel Beete mit einer Vielzahl an bekannten und weniger bekannten Heilpflanzen, ist eine große Holzterrasse unmittelbar am Seeufer als „Kneipp-Liege“ ausgebaut, gibt es weiter östlich im Park noch den Kneipp-Erlebnisbrunnen und einen Kneipp-Spielplatz. Dies alles sicher als Verweis auf und Hommage an den Kurortcharakter Bad Iburgs.

Der Charlottenseepark ist zugleich das Veranstaltungsareal der LaGa. Hier hat ein großes, luftiges Zelt Platz gefunden, unter dessen Dach bei jedem Wetter eine der zahlreichen Veranstaltungen während der LaGa-Zeit stattfinden kann. Laut Plan der Monate April bis Juli ist hier täglich etwas los, in der Summe des gesamten Geländes sind es im Schnitt rund ein halbes Dutzend Angebote pro Tag.

Unbedingt einen Besuch wert ist das Schmetterlingshaus. Bunte und zumeist überraschend große tropische Schmetterlinge sind hier das ganze Jahr über direkt aus der Nähe zu beobachten. Ein Spaß für Jung und Alt.

Wie überhaupt angesichts des Besuches auf dem LaGa-Gelände festzustellen ist, dass die Besucher keiner spezifischen Altersschicht mehr zuzuordnen sind: Alle Altersgruppen waren vertreten, von ganz jung bis zu den betagten Senioren. Viele, am Besuchstag des GK vielleicht überdurchschnittlich viele, waren dabei mit Rollstühlen oder anderen Mobilitätshilfen unterwegs. Was vielleicht damit zu tun hatte, das gerade das Wochenende unter dem Motto „Inklusion“ stand.

Generell war aber auf dem Gelände weitestgehende Barrierefreiheit gegeben. Natürlich ließ sie sich nicht überall verwirklichen, wo allerdings eine Treppe war, gab es sicher auch einen barrierefreien Weg zum selben Ziel, auch, wenn man dafür vielleicht ein paar Meter mehr zurücklegen musste.
Über das durch einen Zaun umschlossene Ausstellungsgelände hinaus gibt es auch weitere Exponate, die im Zusammenhang mit der Landesgartenschau stehen oder zu sehen sind. Sie alle sind eintrittsfrei zu besuchen. So drei Gärten am Schlossberg und die sogenannte Tegelwiese. In Letzterer wurden Gestaltungen umgesetzt, aus denen ein Feuchtbiotop, eine Wildblumenwiese, Wassererlebnisbereich und die Revitalisierung eines Bachlaufes entstanden sind.

Zusammenfassend bleibt festzustellen: Ein Besuch auf der Landesgartenschau in Bad Iburg ist fraglos lohnend. Es gibt – auch und vor allem für Bad Gandersheimer – zahllose Anregungen und Beispiele zu finden, die sich in die Roswithastadt übertragen ließen. Die Menge dessen, was es zu entdecken gibt, ist größer, als man an einem Tag erfassen kann. Zudem findet ein umfängliches begleitendes Veranstaltungsprogramm statt, das immer wieder Besucher lockt.

Wer nicht auf eigene Faust nach Bad Iburg aufbrechen möchte, hat in der kommenden Woche eine gute Chance, sich der Busfahrt anzuschließen, die vom Kur- und Verkehrsverein am kommenden Mittwoch, 16. Mai, angestoßen worden ist und von der Firma Pülm organisiert wird. Kontakt: Direkt über Reiseunternehmen Pülm unter Telefon 05384/96060. Als Ansprechpartner des KVV steht Liane Goslar unter Telefon 05382/ 6037814 oder E-Mail liane.goslar@online.de zur Verfügung.

Bad Gandersheim wird als nächster LGS-Ausrichter im Übrigen vom morgigen Donnerstag bis zum Wochenende mit einem eigenen Informationsstand in Bad Iburg vertreten sein. Vielleicht ein Zusatzanreiz für Kurzentschlossene.

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