Verkehrsunfallbilanz 2017: Überwachung zahlt sich aus

Polizeiinspektion Northeim/Osterode legt Verkehrsunfallbilanz 2017 vor | Zahlen leicht gestiegen

Der Leiter der Polizeiinspektion Northeim-Osterode, Hans Walter Rusteberg, Simone Köhler, Verkehrssicherheitsberaterin der PI, und Peter Schliep, Sachbearbeiter Straßenverkehr (von rechts): Vor der elektronischen Unfalltypensteckkarte weisen sie auf ein wachsendes Problem hin, die Handynutzung am Steuer.

Region. »Insgesamt kann ich sagen, dass sich die Verkehrsunfallbilanz 2017 in der Polizeiinspektion Northeim/Osterode gegenüber dem Vorjahr nicht signifikant geändert hat.« Dieses Fazit zog Polizeidirektor Hans Walter Rusteberg, Leiter der Polizeiinspektion Northeim/Osterode, bei der Vorstellung der Verkehrsunfallstatistik 2017 für den Landkreis Northeim und den Altkreis Osterode. Wie in Land und Bund wurden mehr Verkehrsunfälle registriert; die Zahl der Verunglückten ist gegenüber dem Vorjahr stabil geblieben.

Die Statistik, so der PI-Chef, weise die durch die Polizei registrierten Verkehrsunfälle aus. Die Polizei nutze die Daten, um zu erkennen, wo es Probleme gebe, etwa im Verkehrsraum oder beim Zustand der Straßen. Entsprechend setze sie Schwerpunkte für ihre Arbeit.

Die in den vergangenen Jahren kontinuierlich sinkenden Unfallzahlen, auch in Verbindung mit weniger Schwerverletzten und Verkehrstoten, seien unter anderem auf mehr Fahrzeugsicherheit zurückzuführen. Zudem würden die Autos durch Assistenzsysteme sicherer. Die Polizei setze auf konsequente Verkehrsüberwachung und auf Prävention.

Im Jahr 2017 wurden 4.927 Verkehrsunfälle gezählt, das war ein Plus von 2,8 Prozent im Vergleich zu 2016. Im Landkreis Northeim waren es 3.168 nach zuvor 3.041, im Altkreis Osterode 1.759 (1.750). Meist blieb es bei Blechschäden. Die Zahl der Verunglückten ist mit 778 stabil geblieben. Die meisten Unfälle ereigneten sich innerorts (2.935), in 1.992 Fällen krachte es außerhalb von Ortschaften. Von 6.948 Beteiligten waren 5.909 Pkw, 616 Lkw, 178 Motorräder, 120 Fahrräder und 65 Fußgänger. 3.992 beteiligte Personen waren 25 bis 64 Jahre alt, 1.019 über 65, und 941 zählten zu den jungen Fahrern im Alter von 18 bis 25 Jahren. In beiden sogenannten Risikogruppen, also bei den Jungen und bei den Senioren, sind die Unfallzahlen gestiegen. Maßgebliche Unfallursache war in 951 Fällen mangelnder Abstand. 410 Tempoverstöße, 258 Vorfahrtsmissachtungen, 126 Fehler beim Abbiegen und 55 Alkoholdelikte waren andere Auslöser.

Die Zahl der Unfälle, bei denen mindestens eine Person getötet oder schwer verletzt wurde, ist von 106 auf 128 gestiegen, dabei haben sich mit 67 die meisten Unfälle außerorts ereignet. Ursache, so Rusteberg, seien dabei die auf Landstraßen gefahrenen höheren Geschwindigkeiten. Vielleicht könne man die Zahlen noch weiter senken – auf null jedoch vermutlich leider nicht. Aber möglicherweise stehe man in zehn Jahren, wenn Assistenzsysteme vermehrt zum Einsatz kämen, anders da.

Von fünf auf sechs ist die Zahl der Verkehrstoten gestiegen, jeweils drei in den beiden Landkreisen. »Und manchmal hängt’s da am seidenen Faden«, stellte Rusteberg zu schweren Unfallfolgen fest.

Wie der Sachbearbeiter Straßenverkehr, Peter Schliep, erläuterte, gab es 136 statt zuvor 114 Schwerverletzte; das sind statistisch erfasste Unfallopfer, die länger als 24 Stunden im Krankenhaus bleiben müssen. Jeder schwere Unfall werde genau analysiert. So habe man beispielsweise die Kreuzung auf der Landesstraße 572 Einbeck-Immensen an der Abzweigung Salzderhelden, an der es innerhalb kurzer Zeit drei Unfälle gab, genau angeschaut und unter anderem die gefahrenen Geschwindigkeiten ermittelt. Auch an der Auffahrt von der B3 auf die L 580/Markoldendorfer Straße habe man einen Unfallschwerpunkt ausgemacht, hier werde es noch einige Veränderungen geben. An anderen Punkten, etwa zwischen Northeim und Sudheim, habe sich die Reduzierung der Geschwindigkeit bewährt. Schnelles Fahren auf der B 3 am Ortseingang Richtung Northeim sei mit Auslöser für gehäufte Auffahrunfälle am Hollenstedter Weg.

Von 62 auf 47 gesunken ist die Zahl der Bauunfälle; das sei angesichts der zahlreichen Waldstrecken eine günstige Entwicklung, hieß es. Aus den Daten der Vergangenheit habe man unter anderem Verbesserungen entwickelt: So gebe es nun zwischen Berka und Dorste Schutzplanken, die noch bis Osterode fortgeführt werden sollen.

Mit 204 nach zuvor 201 sind Alkohol-Delikte nahezu gleich geblieben. Da führe die Polizei allerdings auch starke Kontrollen durch, erklärte Rusteberg. Eine Steigerung von 126 auf 169 gab es bei den Fahrten unter Drogeneinfluss, wobei sich verbesserte Erkennungsmethoden auswirkten.
Gesunken ist die Zahl der bei Verkehrsunfällen verletzten Kinder: von 29 auf 24 als Insassen von Fahrzeugen und von 28 auf zehn als Radfahrer. Gerade innerorts nähmen es einige Eltern mit der Anschnallpflicht für ihren Nachwuchs nicht so genau, kritisierte Peter Schliep: Außerorts sei die Quote sehr hoch, aber die kurze Fahrt zur Schule oder zum Kindergarten werde als nicht so risikoreich abgetan. Dabei seien Auffahrunfälle schon bei geringem Tempo gefährlich.

978 Wildunfälle nach zuvor 957 – damit ging fast jeder fünfte Unfall auf einen Zusammenstoß mit einem Tier zurück. »Statistisch sind das mindestens zwei pro Tag. Das kann jeden Autofahrer fast überall treffen«, führte Peter Schliep aus. Mit den Jägerschaften kümmere man sich aktiv darum, diese Gefahr in den Griff zu bekommen, und auch nächtliche Geschwindigkeitsüberwachungen sollen auf Polizeiseite dazu beitragen, das Risiko zu verringern. Während sich das Rehwild beispielsweise mit Reflektoren lenken lasse, sei Schwarzwild in seinem Verhalten so gut wie gar nicht zu beeinflussen. Außerdem sei die Population stark gewachsen. Vielleicht bringe ein erhöhter Abschuss im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest etwas. Ansonsten gelte der Ratschlag: »Draufhalten!« Ein Ausweichen habe meist schlimmere Folgen als der direkte Zusammenstoß.
1.024 (2016: 1.009) Verkehrsunfallfluchten wurden angezeigt. Damit sei fast jeder fünfte Verkehrsunfall eine Flucht, führte die Polizei aus. Die Aufklärungsquote ist mit 42,58 Prozent gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen.

»Ein Parkplatzrempler, der nicht gemeldet wird, ist ein Straftatbestand«, machte Simone Köhler, Verkehrssicherheitsberaterin bei der PI, deutlich. Derzeit läuft eine Kampagne, bei der auf Parkplätzen von großen Einkaufsmärkten informiert wird, dass man fair bleiben und die Polizei benachrichtigen sollte, wenn einem ein solches Missgeschick widerfahre. Bei modernen Autos, für die die Parkboxen häufig sehr schmal bemessen seien, könne schnell etwas passieren, aber da sollte man ehrlich bleiben. »Ab 1.500 Euro Schaden ist der Führerschein weg« und das sei schnell zusammen, ergänzte Peter Schliep, und die Gerichte seien da in der Regel sehr konsequent.

Obwohl seit Jahrzehnten Pflicht, gibt es immer noch Verstöße gegen die Gurtanlegepflicht. 2.235 Verfahren wurden dazu im vergangenen Jahr eingeleitet, zuvor waren es 2.518. »Dabei ist das die einfachste Art, sich in einem Fahrzeug zu schützen.«
»Volkskrankheit Handy«: 100 Euro Bußgeld und einen Punkt kostet es Autofahrer, wenn sie ihr mobiles Telefon am Steuer benutzen; für Radfahrer werden 55 Euro Verwarngeld fällig. »Ein Blick aufs Display kann Leben kosten«, warnte die Polizei. So bedeutet ein vier Sekunden langer Blick aufs Handy bei Tempo 30 einen Blindflug von 33 Metern; bei Tempo 50 sind es 56 Meter, und bei Tempo 100 sogar 111 Meter. Bei sehr schweren Unfällen prüfe die Polizei immer, ob das Handy eine Rolle gespielt haben könnte, sagte Peter Schliep. Telefonieren, SMS lesen oder schreiben, Internet oder soziale Netzwerke nutzen – das sind die gefährlichsten Ablenkungen beim Autofahren. Im vergangenen Jahr leitete die Polizei 1.043 Verfahren wegen Handynutzung am Steuer ein, 2016 waren es 1.017 Verfahren; gegenüber 2014 hat sich die Zahl sogar verdoppelt.

Verkehrsüberwachung sei kein Selbstzweck, betonte Hans Walter Rusteberg, sie mache vielmehr Sinn und zahle sich aus, denn der Polizei sei es nicht egal, wenn Menschen im Straßenverkehr ihr Leben lassen müssten. Viele Autofahrer zeigten sich nach entsprechender Aufklärung einsichtig. Eine Unfallkommission, die einmal pro Jahr tage, habe immer auch Geschwindigkeitsbeschränkungen und Überholverbote auf der Tagesordnung.ek

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